nets21 – Sommertagung
Professionalisierung in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung – schulsprachdidaktische, fachdidaktische und bildungspolitische Perspektiven
22.-23.08.2024, PH Bern
Informationen
Teilnahmegebühr: CHF 120 (regulär), CHF 80 (reduziert*)
Conference Dinner: CHF 70
*Zur reduzierten Gebühr sind Nachwuchsforschende ohne feste Anstellung (resp. ohne Spesenvergütung) berechtigt.
Anmeldeschluss: 12.07.2024
Thema
Die Sommertagung des Forschungsnetzwerks «Schulsprachdidaktik | nets21» widmet sich der Professionalisierung von Lehrpersonen. Die Tagung geht den Fragen nach, wie bei (angehenden) Lehrpersonen ein fächerübergreifendes Verständnis von Sprachlichkeit des unterrichtlichen Handelns aufgebaut werden kann. Der Fokus liegt dabei nicht nur auf der Bedeutung von Spra-che für Lehr-Lernprozesse, sondern auch auf Möglichkeiten ihrer Implementierung durch Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen sowie durch Schulentwicklung.
Als Keynote-Referent:innen werden Prof. Dr. Lena Wessel (Universität Paderborn, Mathematikdidaktik), Prof. Dr. Anke Schmitz (PH FHNW, Deutschdidaktik) sowie Prof. Dr. Afra Sturm (PH FHNW, Deutschdidaktik) & Prof. Dr. Dieter Isler (PH Thurgau, Deutschdidaktik) sprechen.
In weiteren Fachvorträgen aus verschiedenen Disziplinen werden ebenfalls die Professionalisierung von Lehrpersonen sowie die jeweilige fachdidaktische Perspektive auf die Bedeutung von Sprache im Unterricht beleuchtet.
Ausserdem finden an beiden Tagen interdisziplinäre Diskussionsrunden im Anschluss an die Keynotes mit allen Teilnehmenden statt, in denen sowohl aus fachdidaktischer als auch deutschdidaktischer Perspektive zentrale Thesen aufgegriffen und diskutiert werden. Der gemeinsame Austausch findet in einer Podiumsdiskussion mit Vertreter:innen der Fach- und Deutschdidaktik sowie der Bildungspolitik seinen Abschluss.
Bitte melden Sie sich für die Tagung über den obenstehenden Link (Anmeldeformular) an.
Organisation
Rebekka Studler, Judith Kreuz, Claudia Hefti,
Afra Sturm, Stefan Hauser, Dieter Isler, Britta Juska-Bacher, Hansjakob Schneider
Übernachtung
2 km / 25 Gehminuten
Das Hotel bietet Sonderkonditionen. Bitte geben Sie bei der Buchung an, dass Sie es in Zusammenhang mit der Tagung / PH Bern buchen.
1 km / 12 Gehminuten / ab ca. 130 CHF
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Abstracts Hauptvorträge
Sprachbildung im Mathematikunterricht der Sekundarstufe – welche fachspezifische und fachübergreifende Expertise benötigen Mathematiklehrkräfte zur Realisierung? – Lena Wessel (Universität Paderborn)
Sprachbildender Fachunterricht erfordert zur Realisierung entsprechende Expertise der unterrichtenden Lehrkräfte, zum Beispiel zu wirksamen Unterrichtsdesigns oder unterstützendem Moderationsverhalten in Klassengesprächen. Am Beispiel des gegenstandsbezogenen Expertisemodells für sprachbildenden Mathematikunterricht sollen die in den letzten Jahren qualitativ rekonstruierten Komponenten dieser Expertise aufgezeigt und bzgl. der Zusammenhänge fachspezifischer und fachübergreifender Aspekte reflektiert werden.
Sprachdidaktische Schul- und Unterrichtsentwicklung im Bildungssystem – Afra Sturm (PH FHNW) & Dieter Isler (PH Thurgau)
In der Schweiz werden die Leistungen der Fünfzehnjährigen in Sprache und Mathematik stärker von der sozialen Herkunft beeinflusst als im OECD-Durchschnitt (Konsortium pisa.ch 2019; OECD 2023). Zudem nimmt der Anteil der schwächsten Leser:innen seit 2012 stetig zu und ist heute mit rund 25% erschreckend hoch (Erzinger et al. 2023). Für die Entwicklung der sprachlichen Leistungen während der obligatorischen Schulzeit sind neben der sozialen Herkunft die kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten beim Eintritt in die erste Klasse die wichtigsten Prädiktoren (Angelone et al. 2013). Damit besteht in der Schweiz ein dringender, auch politisch unbestrittener Handlungsbedarf: Die Chancengerechtigkeit im Bildungssystem muss verbessert werden, und die sprachliche Bildung im Frühbereich und in der Schule spielt dabei eine Schlüsselrolle.
Das Lösen solch komplexer Probleme unter sich verändernden Umgebungen und Bedingungen erfordert nicht nur den Einbezug aller Ebenen und Akteur:innen des Bildungssystems, sondern auch eine forschende Haltung aller Beteiligten sowie einen adaptiven Zugang (Fevre et al., 2019). Eine Professionalisierung, die nicht nur die Mikroebene der Lehrpersonen (und der Schüler:innen) fokussiert, sondern auch die Mesoebene der Schulen und Makroebene des Bildungssystems, erzielt einen weitaus grösseren Effekt (ebd.). Ein adaptiver Zugang schliesst ein, dass Schul- und Unterrichtsentwicklung auf die lokalen Bedingungen und Menschen zugeschnitten und alle verfügbaren Wissensarten integriert werden: das Erfahrungswissen der Fachpersonen, das datengestützte Wissen über den Stand und Entwicklungsbedarf der Schule und das forschungsbasierte Wissen über wirksame (Sprach-)Bildung (Brown et al. 2017). Im Frühbereich, der in der Schweiz weit weniger institutionalisiert ist als die Schule, zeigen sich die Herausforderungen einer wirksamen und nachhaltigen Entwicklung der frühen Sprachbildung noch verschärft.
In unserem Beitrag werden wir zunächst einen konzeptionellen Rahmen aufspannen, um die Aspekte einer nachhaltigen Weiterentwicklung der Sprachbildung in der Schweiz zu verorten. Anschliessend illustrieren wir zentrale Aspekte anhand verschiedener Projekte zur Entwicklung der frühen Sprachbildung im Frühbereich sowie zur sprachdidaktischen Schul- und Unterrichtsentwicklung in der Schule. Abschliessend formulieren wir einige Schlussfolgerungen im Hinblick auf eine Weiterentwicklung der Sprachbildung, die im Unterricht und bei den Kindern und Jugendlichen ankommt und so zu mehr Bildungsgerechtigkeit im Schweizer Bildungssystem beitragen kann.
Abstracts Fachvorträge
Geschichtstexte verstehen lernen auf der Sekundarstufe I: Warum es Texte, «diese Historiker*innen» und Lehrpersonen dazu braucht – Sandro Brändli (PH FHNW)
Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I sind mit vielfältigen sprachlichen wie fachlichen Anforderungen konfrontiert, wenn sie aus und mit Geschichtslehrmitteltexten lernen wollen bzw. sollen: Das (oft verkürzt) Erzählte gilt es, sowohl verstehend als auch kritisch zu lesen. Besonders herausfordernd ist dabei, dass diese Texte vorwiegend implizit zwischen vergangenheitsgebundener Ereignisebene und gegenwartsgebundener Deutungsebene oszillieren.
Aber was machen Schülerinnen und Schüler eigentlich genau, wenn sie solche Texte lesen, und wie verstehen sie sie? Diesen bis anhin empirisch unterbelichteten Fragen geht das aktuelle Promotionsprojekt «Historisches Erzählen verstehen (lernen)» nach und untersucht explorativ, wie hierarchiehohe Leseverstehensprozesse im Fach Geschichte ablaufen und wie diese textseitig unterstützt werden können.
Im ersten Teil des Referats werden die Möglichkeiten von Textanpassungen diskutiert, die das Potenzial haben, das globale Verstehen innerhalb fachspezifischer Grenzen zu unterstützen. Auf der Grundlage von im Frühling 2024 erhobener Daten wird holzschnittartig gezeigt, wie 8.-Klässler*innen solche Anpassungen in ihrem Leseprozess und für das eigene Verstehen nutzen. An diese ersten Erkenntnisse anschliessend wird im zweiten Teil skizziert, warum Sprach- und Geschichtsdidaktiker*innen nichts anderes übrigbleibt, als zukünftig (noch mehr) zusammenzuspannen – einerseits in der Konzeption von Lernmaterialien für Schüler*innen, andererseits in der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen, damit diese lesebedingten Lernprozesse im Fach Geschichte gezielt anleiten und unterstützen können.
Pädagogische Professionalisierung im Umgang mit sprachlich-kultureller Heterogenität – Qualifizierung von angehenden Lehrkräften – Anna Khalizova (Rheinland-Pfälzische TU Kaiserslautern-Landau)
Sprachlich-kulturelle Vielfalt ist an deutschen Schulen längst Alltag geworden. Tracy weist bereits 2014 darauf hin, dass Deutschland „de facto längst mehrsprachig“ (S. 14) ist. Der aktuelle Bildungsbericht (2022) bestätigt dies eindrücklich. Um so mehr ist es Aufgabe, die Potenziale aller Schüler*innen zu erkennen und zu fördern. Dies erfordert von (angehenden) Lehrkräften nicht nur den Ausbau entsprechender Kompetenzen, um auf Anforderungen des Berufsfeldes reagieren zu können, sondern setzt entsprechende Einstellungen und Überzeugungen voraus. In der Tradition der kompetenzorientierten Professions- und Professionalisierungsforschung verfügen Überzeugungen, als Teilaspekt pädagogischer Professionalität, über eine handlungsleitende Funktion (Baumert/Kunter 2006).
Vor diesem Hintergrund befasst sich der vorliegende Beitrag mit Überzeugungen angehender Lehrkräfte zu sprachlich-kultureller Heterogenität und deren Bedeutung für die spätere pädagogische Performanz. Darüber hinaus fokussiert der Beitrag die Entwicklung von Dispositionen angehender Lehrkräfte zum Umgang mit sprachlich-kultureller Heterogenität im Laufe einer mehrsemestrigen Qualifizierung.
Den theoretisch-empirischen Ausgangspunkt bildet das Konzept der „professionellen Kompetenz“ von Baumert/Kunter (2006), das zusammen mit zwei weiteren Ebenen, dem Erfahrungswissen und der Lehrer*innenpersönlichkeit als Grundlage modellhafter Vorstellung der professionellen Identität gilt. Ziel ist es, die Ebene der Überzeugungen (vgl. Khalizova/Wildemann/Rieger 2024) angehender Lehrkräfte zu sprachlich-kultureller Heterogenität als Teilaspekt pädagogischer Professionalität zu beschreiben.
Die Forschungsfragen lauten wie folgt: 1) Wie wird der Umgang mit sprachlich-kultureller Heterogenität und deren Rolle für den Unterricht von Lehramtsstudierenden wahrgenommen und beschrieben? 2) Wie unterscheiden sich die Wahrnehmungen zu Beginn und am Ende der Teilnahme der Qualifikation?
Datengrundlage bilden Motivationsschreiben und Abschlussreflexionen der Teilnehmer*innen des Zertifikatslehrgangs „Heterogenität und Mehrsprachigkeit“ an der RPTU (ehemals: Universität Koblenz-Landau) aus dem Zeitraum von 2017 bis 2024, in denen sie zum einen ihre Motivation zur Teilnahme am Zertifikat, darunter auch ihre Entwicklungsziele, zum anderen die durchlaufene individuelle Kompetenzentwicklung reflektieren.
Die Auswertung der Daten erfolgt mittels der qualitativen Inhaltsanalyse (Interpretationstechnik der strukturierenden Inhaltsanalyse bzw. der typisierenden Strukturierung) nach Mayring (2022 [1983]). Im Rahmen einer typisierenden Strukturierung werden auf einer Typisierungsdimension einzelne markante Ausprägungen im Material gefunden und diese genauer beschrieben (vgl. Mayring 2010: 66). Die Daten wurden mithilfe von MAXQDA (2022) strukturiert und analysiert.
Es lässt sich festhalten, dass die Analyse des umfangreichen Korpus von Motivationsschreiben und Abschlussreflexionen der Teilnehmer*innen des Zertifikats HuM aus dem Zeitraum von 2017 bis 2024 einen Einblick in die Überzeugungen angehender Lehrkräfte zu sprachlich-kultureller Heterogenität als Teilaspekt pädagogischer Professionalität ermöglicht. So können die Wahrnehmungen angehender Lehrkräfte zu sprachlich-kultureller Heterogenität zunächst nachgezeichnet werden (Forschungsfrage 1), was aufgrund der prekären Forschungslage unerlässlich ist. Die Daten zeigen zudem, dass die Mehrheit der Zertifikatsteilnehmer*innen den Umgang mit sprachlich-kultureller Heterogenität von Anfang an als Bereicherung sieht, womit sich einerseits der Wandel zu einer eher ressourcenorientierten Sichtweise auf sprachliche Heterogenität zu bestätigen scheint. Des Weiteren kann die verstärkte Sensibilisierung sowie eine differenziertere Bewusstheit für die Komplexität von sprachlich-kultureller Heterogenität, die sich am Ende der Zertifikatsteilnahme identifizieren lässt (Forschungsfrage 2), kann als Indiz für eine Veränderung der Überzeugungen angesehen werden.
„Ich weiß es nicht, Deutsch ist echt schwer, ich hoffe ihr könnt mir weiterhelfen in der Fortbildung“: Professionelle Kompetenzen von Grundschullehrkräften im Rechtschreibunterricht mithilfe des videobasierten Tools KoRevi erfassen – Dana Kirch (Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg)
Das Professionswissen von Deutschlehrkräften rückt immer wieder in den Fokus empirischer Studien, da diesem eine hohe Bedeutung für die Qualität unterrichtlicher Lernangebote zugeschrieben wird. Bisherige Studien erheben das Professionswissen zumeist mithilfe von Fragebogen im Paper-Pencil-Format (u.a. Corvacho del Toro 2013; Jagemann 2019). Die Ergebnisse zeigen systematische Lücken von (angehenden) Lehrkräften im orthografiebezogenen Wissen sowie Inkonsistenzen zwischen dem fachlichen Wissen und dessen Zugriff in didaktischen Situationen. Gerade im Handlungsbezug, der ein „hohes Maß an metasprachlicher Flexibilität“ (Jagemann & Weinhold 2017, S. 42) verlangt, scheinen sachstrukturelle Vorstellungen zur Wortschreibung zu „verblassen“ (Schröder 2019, S. 542). Es gilt daher, die Anwendung professioneller Kompetenzen und die Verbalisierung von Wissensinhalten in orthografiedidaktischen Anforderungssituationen weiter zu untersuchen. Forschungsprojekte, die professionelle Kompetenzen situationsspezifisch messen, nutzen zur Erfassung häufig videobasierte Instrumente mit mündlichem Antwortformat, um spontane Reaktionen unter Zeitdruck zu evozieren, die nicht durch Schreibprozesse verlangsamt sind (vgl. Lemmrich et al. 2022). Videobasierte Erhebungen werden bislang eher in der mathematikdidaktischen und pädagogisch-psychologischen Forschung eingesetzt und stellen in der orthografiedidaktischen Forschung ein Desiderat dar.
Im Rahmen des Dissertationsprojekts entstand daher das Erhebungsinstrument KoRevi, welches die professionellen Kompetenzen von Grundschullehrkräften im Lernbereich Rechtschreibung handlungsnah erfassen soll. Die offenen Items beziehen sich auf Phänomene der Wortschreibung. Unter anderem sind die Proband:innen dazu aufgefordert, in direkter mündlicher Ansprache und unter Zeitdruck auf die in den Videoclips gezeigten Schüler:innen zu reagieren. Die Antworten werden mithilfe eines Codiermanuals beurteilt. Das Manual wurde induktiv-deduktiv mithilfe inhaltsanalytischer Kategorisierung entwickelt. Instrument und Manual wurden in mehreren Pilotierungsschleifen validiert und überarbeitet. Die Haupterhebung endete vor Kurzem.
Schwerpunkt des Vortrags wird ein Einblick in das Instrument sein. Es werden zudem erste ausgewählte Ergebnisse einer Teilstudie in Form eines Prä-Post-Vergleichs von Grundschullehrkräften, die eine Fortbildung zum Rechtschreibunterricht besuchten, gezeigt. Aus den Ergebnissen lassen sich Konsequenzen für die Gestaltung von Weiterbildungs- und Professionalisierungsprozessen von Lehrkräften ableiten, die situationsspezifische Fähigkeiten in der Förderung prominent setzen.
Was bewegt angehende Berufsschullehrer:innen im Praktikum? Eine qualitative Analyse von Praktikumsberichten hinsichtlich reflexiver Professionskompetenz – Nicole Ackermann, Jeannette Wick & Chiara Argentini (PH Zürich)
Thematische Relevanz. In der Lehrer:innenbildung wird Reflexion über das Wissen und Handeln in der Unterrichtspraxis als ein Schlüssel zur Professionalität angesehen (Combe & Kolbe, 2008). Reflexives Unterrichten (reflective teaching) bezieht sich auf Identifizieren und Analysieren «kritischer» Unterrichtssituationen sowie argumentatives Artikulieren von Handlungsalternativen basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und eigenen Erfahrungen (Loughran, 2002; Schön, 1983). Mündliches und schriftliches Reflektieren erfordert von Lehrer:innen generische sprachliche Kompetenzen.
Zielsetzung und Fragestellungen. Im Forschungsprojekt «reflexionP1» soll die reflexive Professionskompetenz angehender Berufsschullehrer:innen untersucht werden. Es werden vier Fragestellungen bearbeitet: (F1) Welche Themenbereiche reflektieren die Studierenden anhand von Unterrichtssituationen im Praktikum (Reflexionsbreite)? (F2)Wie viele thematische Profile der reflexiven Professionskompetenz lassen sich in den reflektierten Situationen identifizieren und charakterisieren? (F3)Auf welcher Komplexitätsstufe reflektieren die Studierenden diese Unterrichtssituationen (Reflexionstiefe)? (F4) Welche Sprachregister nutzen die Studierenden für die reflektierten Situationen (Reflexionssprache)?
Methodisches Vorgehen. Die Stichprobe besteht aus 50 Studierenden im lehramtsbezogenen Studiengang für kaufmännische Schulen in der Deutschschweiz. Als Datengrundlage diente der Praktikumsbericht mit drei dokumentierten und reflektierten Unterrichtssituationen entlang des ALACT-Modells (Korthagen & Vasalos, 2005). Die insgesamt 150 Situationen wurden im deduktiven Verfahren und mittels spezifischer Kategoriensysteme qualitativ analysiert (Mayring, 2015). Mit den quantifizierten Daten wurden Frequenz- und Clusteranalysen gerechnet (Backhaus et al., 2018).
Vorläufige Ergebnisse. In den reflektierten Unterrichtssituationen dominiert der pädagogisch- psychologische Bereich (v. a. Klassenführung, Beziehungsarbeit), gefolgt vom fachdidaktischen (v. a. Lernprozesse begleiten). Hingegen werden der fachwissenschaftliche und ressourcenbezogene Bereich wenig thematisiert. Es lassen sich drei thematische Profile identifizierten: Profil 1 sind «Sorgenkinder» (geringe FD, hohe PP); Profil 2 sind «Wundertüten» (moderate FD, moderate PP); Profil 3 sind «Musterschüler» (sehr hohe FD, geringe PP). Die reflektierten Situationen lassen sich zu
Reflexion von Unterrichtssituationen im Praktikum von Berufsschullehrer:innen in der Deutschschweiz 2 je einem Drittel der Komplexitätsstufe2 (Deutung) und der Komplexitätsstufe3 (Beurteilung) zuordnen, zu einem Viertel der Stufe1 (Beschreibung) und zu einem Fünftel der Stufe4 (Generalisierung). Zu den Sprachregistern liegen derzeit noch keine Ergebnisse vor.
Praktische Implikationen. Die Ergebnisse der Studie können als «Brennpunkte» im Praktikum interpretiert werden und offenbaren Potenziale für die Lehrer:innenbildung, z. B. fachdidaktische Analyse- und Reflexionsübungen mittels Vignetten (Brückner et al., 2021; Findeisen et al., 2021; Findeisen & Seifried, 2020), fachspezifisches Unterrichtscoaching (Staub & Kreis, 2013).
Lesedidaktische Schul- und Unterrichtsentwicklung – Sabine Geiger, Sara Grunauer & Afra Sturm (Zentrum Lesen – PH FHNW)
Mittlerweile liegen einige Studien vor, die die Wirksamkeit bspw. von Lautlese-Verfahren zur Förderung von Leseflüssigkeit belegen (Schneider, 2019). Auch wenn das Verfahren teilweise als selbsterklärend bezeichnet wird, sodass eine Weiterbildung nicht notwendig sei (www.biss-sprachbildung.de/btools/lautlesetandem/), stellen bspw. Österbauer et al. (2020) fest, dass sich diese noch nicht so in der Unterrichtspraxis zeigen, wie das zu erwarten wäre. Sie fordern deshalb u.a. einen verbesserten Transfer in die Schulen sowie eine Weiterbildung für Lehrpersonen, die auch den Einsatz von Diagnoseinstrumenten (inkl. Interpretation der Ergebnisse) einschliesst.
In diesem Beitrag stellen wir das Projekt zur Leseförderung im Kanton Basel-Landschaft vor (2022–2026): Bei der Arbeit mit den Schulen werden die Ergebnisse aus der Lernstandserfassung im Sinne eines «data-based decision making» (Brown et al., 2017) verwendet und die Ergebnisse mit den Schulen diskutiert. In Kooperation mit den Schulen werden auf dieser Basis u.a. Fördermassnahmen festgelegt («research-informed teacher practice», Brown et al., 2017), die unter Einbezug von kontextbedingten Gegebenheiten diskutiert und in der Regel angepasst werden müssen. Die Steuergruppen der Schulen führen dann jeweils eine erste Umsetzung durch, die anschliessend wieder mit fachdidaktischer Begleitung reflektiert wird. Erst in einem zweiten Schritt wird mit dem ganzen Team der Schule eine breitere Umsetzung angegangen. In diesem Sinne ist die Zusammenarbeit mit den Schulen mit einer forschenden Haltung verbunden (Timperley, 2011) sowie als Verschränkung von Input, Praxisauftrag und Reflexion angelegt (Lipowsky & Rzejak, 2021).
Die Herausforderungen, denen alle Beteiligten begegnen, werden vorgestellt und mit Blick auf eine weitergehende Implementation in Schulen diskutiert.
Zur Rolle von Mentor:innen in der Lehrkräftebildung der mehrsprachigen Migrationsgesellschaft – Sabine Guldenschuh (Europa-Universität Flensburg)
Die unter anderem auf bildungssprachlichen Deutschdefiziten basierende Schlechterstellung von migrationsanderen und oft auch mehrsprachigen Schüler:innen in den Schulen des amtlich deutschsprachigen Raums gilt aus einer diskriminierungs- und machtkritischen Perspektive spätestens seit Gogolins „Der monolinguale Habitus der multilingualen Schule“ und „Institutionelle Diskriminierung. Die Herstellung ethnischer Differenz in der Schule“ von Gomolla & Radtke als hinlänglich bekannt (vgl. darüber hinaus auch Dirim & Mecheril 2010; Tajmel 2017). Dass kompensatorische Maßnahmen zur Deutschförderung seit zwei Jahrzehnten kaum zu einer Besserung beitragen, spiegelt sich nicht nur in der Analyse der PISA-Ergebnisse (vgl. Tiele & Rölz 2023), sondern auch in der teilweisen Selbstinferiorisierung von (migrationsbedingt) mehrsprachigen Jugendlichen (Pokitsch 2022) wider.
Während im Zuge dieser andauernden Problemlage Lehramtscurricula mit variierendem Erfolg (vgl. Schrammel-Leber et al. 2019) adaptiert wurden und auch Erkenntnisse zu den Überzeugungen von Lehramtsstudierenden zu mehrsprachigen Schüler:innen (vgl. Döll et al. 2017; Döll & Guldenschuh 2022) vorliegen, bleibt die Rolle von Mentor:innen, die Lehramtsstudierende bzw. Junglehrer:innen während der Praktika und Berufseinstiegsphase begleiten, zur Entwicklung der Überzeugungen von (angehenden) Lehrpersonen gegenüber migrationsanderen Kindern und Jugendlichen im Wesentlichen unbeleuchtet. Da insbesondere der liminale Raum des Referendariats maßgeblichen Einfluss auf den späteren professionellen Habitus hat (vgl. Terhart 2000) und Mentor:innen eine nicht zu unterschätzende hegemoniale Position besetzen, was sowohl die Beurteilungen der Studierenden, bzw.
Berufseinsteiger:innen betrifft, als auch das Vermitteln etablierter Praktiken, soll in meinem Forschungsvorhaben auf diese Säule der Lehrer:innenbildung fokussiert werden.
Deshalb wird in diesem Beitrag ein Systematic-Literatur-Review zu den genannten und weiteren Befunden und Konzepten, die in der Schnittmenge von Schulsprachdidaktik und Bildungspolitik liegen, präsentiert, um darauf aufbauend zentrale Hypothesen sowie das Design meines Forschungsvorhabens zu diskutieren. Aus einer migrationspädagogischen und machtkritischen Perspektive soll letztlich die Frage bearbeitet werden können, inwiefern sich die von Mentor:innen betreuten Praktika und die Berufseinstiegsphase auf Einstellungen und Methodenwahl der Studierenden bzw. Lehrpersonen auswirken.
Wie schätzen Mittelstufenlehrpersonen ihren Grammatikunterricht ein? Eine quantitative Studie im Kanton Zürich – Larissa Schädler (PH Zürich)
Der traditionelle Grammatikunterricht scheint nicht zu leisten, was noch heute weit verbreitet angenommen wird, denn das reine Vermitteln sprachlicher Strukturen trägt nicht zur Verbesserung der Schreibkompetenz von SchülerInnen bei (z.B. Funke 2022). Trotz dieser Erkenntnis findet das Konzept im schulischen Alltag noch grossen Anklang (Bredel 2022; Grunauer und Geiger 2022).
Um dies im Kanton Zürich quantitativ zu prüfen, wurden 409 Mittelstufenlehrpersonen zu ihrem Grammatikunterricht, ihrem Fachwissen und ihren Weiterbildungen befragt. Unter Anderem decken die Fragen ab, ob Grammatik separativ unterrichtet wird, ob konkrete, alltagsbezogene Beispiele und reflexive Elemente verwendet werden und wie hoch der Anteil an Unterrichtsgesprächen und Arbeitsblättern eingeschätzt wird.
Des Weiteren wurde untersucht, ob Lehrpersonen Studien kennen, sich aktiv informieren und ob sie sich in den letzten zehn Jahren im Bereich Sprachlernen weitergebildet haben. Im Fokus der Auswertung sind Häufigkeitsverteilungen und Korrelationsanalysen.
Die Ergebnisse zeigen, dass 74.4% der Befragten davon überzeugt sind, dass der traditionelle Grammatikunterricht die Textqualität der SchülerInnen verbessert. Die Mehrheit erteilt eine oder mehrere separate Grammatiklektionen pro Woche und 76.3% sind vom Konzept der Grammatikwerkstatt überzeugt; fast die Hälfte bietet regelmässig Postenarbeit im eigenen Unterricht an. Ausserdem sind 67.6% der Befragten der Meinung, dass regelmässiges Üben mit Arbeitsblättern zu weniger Zeitfehlern in Aufsätzen[1] führt und 63.3% schätzen den Anteil dessen im eigenen Unterricht auf über 40%. Um die Grammatikkenntnisse der SchülerInnen zu überprüfen, wählen 79.2% der Befragten eine Aufgabe, in der Verben in verschiedene Zeitformen gesetzt werden müssen.
Bezüglich Weiterbildungen gaben 48.9% der Befragten an, dass schulinterne Weiterbildungen zu fachdidaktischen Themen (Sprachlernen Deutsch) an ihrer Schule fehlen. Lediglich 7.8% der Mittelstufenlehrpersonen wurden laut Umfrage in den letzten Jahren regelmässig über wichtige Erkenntnisse der Sprachforschung informiert (durch SL initiiert).
Weitere Ergebnisse sowie Korrelationen und Schlussfolgerungen werden im Vortrag vorgestellt und diskutiert. Ausserdem stellt sich im Anschluss die Frage, was dies für die Aus- und Weiterbildung bedeutet und welche Aufgabe den Schulleitungen zuteilwerden könnte.
[1] Mit Aufsätzen sind alle Arten von Texten gemeint, die SchülerInnen im Unterricht produzieren.
((Fach-)Wissenschaftliche) Einordnung einer Unterrichtssequenz durch Studierende – Ann-Christin Leßmann & Björn Stövesand (Universität Bielefeld)
Das Fach Deutsch ist aufgrund der spezifischen Relation aus Medium und Gegenstand besonders herausfordernd und zeichnet sich durch eine Reflexionsschwelle aus (vgl. Stövesand 2018): Angehende Lehrkräfte müssen eine ‘sprachliche Metakompetenz’ im Professionalisierungsprozess erwerben, um über gesprochene und geschriebene Sprache als unterrichtliche Gegenstände nachdenken zu können. Damit ist gemeint, dass sie (fachliches und fachdidaktisches) Wissen über sprachliche Gegenstände und Prozesse sowie Kompetenzen im Mündlichen und Schriftlichen besitzen müssen, um Lernen im Deutschunterricht adäquat einschätzen, didaktische Konzeptualisierungen beurteilen und Schüler*innen angemessen fördern zu können.
Die weithin gemachte Trennung von mündlicher und schriftlicher Sprache ist indes im Unterricht selbst hinfällig, denn dort verbinden sich diese beiden Formen, indem z.B. über Rechtschreibphänomene (Buttlar & Weiser-Zurmühlen 2019) oder Texte (Domenech & Leßmann 2023; Ohlhus i. Dr.) gesprochen wird. Für den Vortrag interessiert uns die Frage, auf welches (Fach-)Wissen und auf welche sprachbezogenen Perspektiven angehende Lehrkräfte zurückgreifen, wenn sie fachliche Unterrichtssituationen analysieren.
Der Vortrag beschäftigt sich exemplarisch anhand von Videodaten mit dieser Frage. Im Zentrum stehen zwei Unterrichtsvideos aus dem Deutschunterricht der Grundschule, welche aus fachdidaktischer Perspektive durchaus problematisch sind. Zusätzlich zeigt sich in den Videos, wie Mündlichkeit und Schriftlichkeit in der konkreten Unterrichtssituation zusammenkommen: In beiden Sequenzen werden Rechtschreibphänomene mündlich durch die Lehrkräfte und Schüler*innen konturiert.
Dieses Video wurde angehenden Deutschlehrkräften an der Universität Bielefeld gezeigt, das Gespräch aufgezeichnet. Der Vortrag widmet sich der gesprächsanalytischen Rekonstruktion der sprachlichen (Meta-) Kompetenzen von Studierenden und fragt, welche Foki Studierende legen, welche Probleme sie sehen, wie sie diese besprechen und welches fachdidaktische und fachliche (sprachliche) Wissen sich dabei zeigt. Dazu werden einzelne Sequenzen aus den studentischen Gesprächen ausgewählt und nach den Prinzipien der Konversationsanalyse (Sequenzialität, Indexikalität, Reflexivität; Bergmann 1994) untersucht. In Anlehnung an weitere Publikationen (z.B. Stövesand 2023) wird abschließend diskutiert, welche hochschuldidaktischen Konsequenzen sich ziehen lassen.
Voraussetzungen für professionelles Feedback: Was müssen Lehrpersonen wissen und glauben, um relevante Stellen in Texten von Schüler:innen zu erkennen? – Yves Furer (PH Zürich)
Beim formativen Beurteilen müssen Lehrer:innen zunächst in Texten relevante Merkmale erkennen und angemessen einschätzen, um ihr Feedback an diagnostisch generierten Informationen auszurichten. Dazu müssen sie ihre Aufmerksamkeit fokussieren und versuchen saliente, aber weniger relevante Merkmale wie Rechtschreibfehler zumindest temporär zu ignorieren, um beispielsweise Kohärenzprobleme zu erkennen. Wiederholt wurde festgestellt, dass Lehrer:innen beim summativen als auch formativen Beurteilen von Texten Mühe bekunden (Graham et al., 2011). Auch mehr Berufserfahrung allein scheint keinen positiven Einfluss zu haben. Allerdings ist wenig dazu bekannt, welchen Einfluss weitere Personenmerkmale wie Überzeugungen und Wissen ausüben. Mit Hilfe des Konstrukts der Professional Vision konnte bereits in anderen Bereichen gezeigt werden, wie Personenmerkmale die Wahrnehmung von Lehrpersonen beeinflussen (Keskin et al., 2024). Die vorliegende Studie untersucht deshalb, ob bestimmte Eigenschaften von angehenden Lehrpersonen wie schreibdidaktisches Wissen, Überzeugungen zum Schreiben und Selbstwirksamkeit in Bezug auf den eigenen Schreibunterricht einen Einfluss haben auf ihre Fähigkeit, relevante Textstellen in Schüler:innentexten zu entdecken.
Methode:
PH-Studierende (N = 58) wurden gebeten in acht Texten von Schüler:innen jeweils jene Stellen zu markieren, die aus ihrer Sicht in Bezug auf Kohärenz, Wortschatz und Rechtschreibung einer Überarbeitung bedürfen. Die ursprünglich authentischen Texte wurden jeweils an mehreren Stellen hinsichtlich dieser drei Kriterien manipuliert. Beim Beurteilen wurden ihre Augenbewegungen mittels Eyetracking erfasst. Im Anschluss an das Markieren gaben sie ein Urteil zum Text in Form einer Ziffernote ab. Schliesslich wurde mittels etablierter Instrumente folgende Konstrukte erfasst: schreibdidaktisches Wissen (Keller & Glaser, 2019), Überzeugungen zum Schreiben (MacArthur et al., 2016) und schreibbezogene Selbstwirksamkeit (Graham et al., 2001).
Ergebnisse und Diskussion:
Die Auswertung der Daten findet zurzeit statt. Geplant ist mittels Mehrebenenanalysen zu prüfen, inwieweit Personenmerkmale Einfluss darauf haben, ob diagnostisch relevante Stellen gefunden und markiert wurden. Wünschenswert wäre insbesondere ein Zusammenhang von Eigenschaften und der Fähigkeit Probleme bei Kohärenz und Wortschatz zu entdecken und zu markieren.
Vorstellungen von Lehrkräften zur Bedeutung von (Fach-)Sprache für den Wirtschaftsunterricht – Stephan Friebel-Piechotta & Anna-Lena Müller (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg)
(Fach-)Sprache ist im Unterricht „Lerngegenstand, Lernmedium und Lernvoraussetzung“ (Prediger 2013, S. 167). Die Förderung (fach-)sprachlicher Kenntnisse und Fähigkeiten ist daher eine wichtige Aufgabe des Fachunterrichts. Inwieweit und inwiefern diese erfolgt, hängt dabei vor allem auch von der jeweiligen Lehrkraft ab. Ihre unterrichtsbezogenen Entscheidungen und Handlungen werden wiederum durch ihre Vorstellungen beeinflusst. Lehrervorstellungen (teacher’s beliefs) sind nach Shulman (1999) der Ausgangspunkt davon, was wie im Unterricht thematisiert wird. Die beliefs als Teil der professionellen Kompetenz von Lehrpersonen haben beispielsweise eine Filterfunktion (vgl. Fives/Bruehl 2012, S. 478) und können in diesem Sinne Einfluss darauf nehmen, was eine Lehrperson als bildungsrelevant erachtet und daher potenziell im Unterricht behandelt.
Vor diesem Hintergrund wurden in einem von der Deutschen Bundesbank geförderten Projekt die Vorstellungen von Lehrkräften zum (fach-)sprachlichen Lernen im Wirtschaftsunterricht untersucht. Hierzu wurden 15 Lehrpersonen mit Hilfe leitfadengestützter problemzentrierter Interviews (problem-centered interviews – PCI) (vgl. Witzel/Reiter 2012) interviewt. Hierbei standen grundlegende für den Fachunterricht im Allgemeinen relevante Aspekte wie die Bedeutung (fach-)sprachlichen Lernens im Fachunterricht oder Ansätze der Sprachbildung im Fokus. Die Auswertung erfolgte im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring 2022). Die hierbei ermittelten Vorstellungen der Lehrkräfte wurden hinsichtlich ihrer fachlichen Elaboriertheit in Niveaustufen systematisiert und mit einer aus fach- und sprachdidaktischen Überlegungen hergeleiteten Systematik kontrastiert.
Im Rahmen des Vortrags sollen nach einer Präsentation der theoretisch-konzeptionellen Überlegungen die Ergebnisse der Vorstellungsstudie im Fokus stehen. Hierbei werden zentrale Vorstellungen zum (fach-)sprachlichen Lernen im Fachunterricht beschrieben, anhand von Ankerzitaten aus den Interviews verdeutlicht sowie fach- und sprachdidaktisch hinsichtlich ihrer inhaltlichen Elaboriertheit eingeordnet. Anschließend sollen Implikationen für die verschiedenen Phasen der Lehrkräftebildung dargestellt und diskutiert werden.
Potenziale von Design-Based Research in der Kollaboration mit Lehrpersonen – Einblicke in das Schulentwicklungsprojekt «Mündlichkeit im sprachbewussten Fachunterricht» – Nina Gregori, Laura Mohler & Anke Schmitz (PH FHNW)
Design-Based Research (DBR) hat sich in unterschiedlichen Fachdidaktiken als Forschungsansatz etabliert, der eine Verbindung von Entwicklung und Forschung zum Ziel hat. Im Rahmen von DBR wird sowohl eine (Weiter-)Entwicklung von im Unterricht eingesetzten Lehr-Lernarrangements als auch das Ableiten empirisch gestützter Theorien zum Lehren und Lernen angestrebt (Drepper & Uhl, 2022; Prediger et al., 2013). Im transdisziplinären Entwicklungsforschungsprojekt „Mündlichkeit im sprachbewussten Fachunterricht“ kollaborieren Lehrpersonen und PH-Dozierende im Rahmen eines DBR-Prozesses. Ziel des Projektes ist es, in drei Projektteams der Fachbereiche RZG, Englisch und Sport je ein sprachbewusstes Lehr-Lernarrangement im Bereich Mündlichkeit zu konzipieren. Die fachlichen Lehr-Lernarrangements werden auf der Grundlage theoretischer Prinzipien zum sprachbewussten Fachunterricht (u.a. Lindauer et al., 2013) in mehreren Zyklen (Designexperimenten) erprobt, evaluiert und weiterentwickelt (u.a. Prediger, 2021). Die Erprobungen der Lehr-Lernarrangements werden videografiert (Perspektive Lehrpersonen und Gruppenarbeiten) und interaktionsanalytisch (Birkner et al., 2020; Deppermann, 2018) sowie inhaltsanalytisch (Kuckartz & Rädiker, 2022) untersucht. Ausserdem werden schriftliche Befragungen mit den Schüler*innen sowie Reflexionsgespräche mit den beteiligten Lehrpersonen durchgeführt und ebenfalls inhaltsanalytisch ausgewertet. Die Kollaboration der Forschenden und der jeweiligen Fachlehrperson wir nach jedem Zyklus anhand des Perlenmodells für Design-Based Research-Projekte (Aigner & Malmberg, 2022) erfasst.
Der geplante Beitrag gibt Einblick in das Projektdesign sowie in die Kollaborationen und zeigt auf, wie sich diese über die Designzyklen hinweg in der Ausgestaltung verändern. Anhand erster Daten aus dem Teilprojekt RZG (Thema Bildanalyse) wird exemplarisch dargelegt, wie der sprachbewusste Unterricht in diesem Lehr-Lernarrangement von der Lehrperson gestaltet wurde, wie die Lernenden in Gruppen eine Bildanalyse erarbeiten und welche fachdidaktischen Weiterentwicklungen sich mit Blick auf sprachbewussten RZG-Unterricht ergeben. Weiter wird anhand des Einblickes in erste Daten diskutiert, welche (generischen und fachspezifischen) Kompetenzen RZG-Lehrpersonen für einen mündlichen sprachbewussten Fachunterricht benötigen, um historisches Lernen bei den Schüler*innen zu unterstützen und welche Rolle der DBR-Ansatz bei der Implementierung von sprachbewusstem Fachunterricht auf Schulebene spielt.